Der Landesfachbereichsleiter Südost des Fachbereichs 9 Jochen Schuk hat in einem offenen Brief an den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und den Parteivorsitzenden der SPD, Gerhard Schröder,  auf die kritische Lage im Konzern Deutsche Telekom AG aufmerksam gemacht. Lest im folgenden den Brief und die Antwort darauf: 

ver.di e.V. - Landesfachbereich 9 Südost, Nachtweide 82, 39124 Magdeburg

An den Bundeskanzler der 
Bundesrepublik Deutschland
Herrn Gerhard Schröder
Bundeskanzleramt 
Willy-Brandt-Straße 1

10557 Berlin 

 - Offener Brief - 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, mit Schreiben vom 23.01.2002 haben wir Sie in Ihrer Funktion als Parteivorsitzender auf die Problematik des Arbeitsplatzabbaus bei der Deutschen Telekom AG in den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hingewiesen.
Unverständlicherweise ist bisher weder durch die Parteizentrale noch durch Sie eine Reaktion erfolgt. Erst auf Nachfrage hat sich dankenswerterweise die Bundestagsabgeordnete Waltraut Wolf und der MdB Klaus Bartel der Problematik angenommen. Doch auch hier scheinen die Aktivitäten trotz Engagements zu versanden. 

Dieser Umgang mit den existenzbedrohenden Problemen der Menschen, die um ihren Arbeitsplatz bangen, ist aus unserer Sicht nicht mehr tolerierbar – darum wählen wir die Form eines offenen Briefes zum Problem der Arbeitsplatzvernichtung durch die Deutsche Telekom AG in Ostdeutschland, insbesondere in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Aktuelle Situation:

Der Telekom-Konzern beabsichtigt – wie sie sicherlich der Presse entnommen haben - weltweit über 50.000 Arbeitsplätze abzubauen. Die Hauptlast trägt hierbei mit Abstand die Säule T-Com mit einem Minus von ca. 30.000 Arbeitsplätzen. Da die Telekom in der Vergangenheit kaum Töchter und Beteiligungsgesellschaften in unserer Region angesiedelt hat, sind die ostdeutschen Bundesländer durch die Struktur des Arbeitsplatzabbaus überproportional betroffen. 

Diese Disparitäten setzen sich, wie die aktuellen Abbauzahlen belegen, in der Säule T-Com fort. Während der Abbau insgesamt ca. ein Viertel der Arbeitsplätze betragen soll, zeichnet sich ein aktuell von den Telekom-Arbeitgebern geplanter Kahlschlag zwischen 30 und 40 % aller Telekomarbeitsplätze in den neuen Ländern ab. 

Dies ist zusätzlich zur dramatischen Arbeitslosigkeit im Osten eine weitere beschäftigungspolitische Katastrophe. Hier ist die Politik gefordert – der Arbeitsmarkt Ost ist Chefsache - darum muss ein Arbeitsplatzkahlschlag in einem Unternehmen, in dem der Haupteigentümer noch immer die Bundesrepublik Deutschland ist, erst recht Chefsache sein.

Ihr Engagement für den Erhalt der ca. 6.500 Arbeitsplätze bei der Mobil-Com wird von uns ausdrücklich begrüßt. Es ist aber äußerst unverständlich, wenn die beabsichtigte Vernichtung von 50.000 Ar­beitsplätzen bei der Telekom beim Bundeskanzler keine spürbaren Reaktionen auslöst. Allein die sich jetzt abzeichnenden Pläne der Telekomarbeitgeber lassen eine Reduzierung der jetzt bestehenden ca. 14.000 auf unter 10.000 Arbeitsplätze in den Ländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt befürchten. 

Durch die ver.di - Tarifverträge ist ein großer Teil der Beschäftigten bis zum 31.12.2004 vor einer betriebsbedingten Beendigungskündigung geschützt. Der jetzt geplante Arbeitsplatzkahlschlag führt zu einer weiteren Kostenbelastung der Bundesanstalt für Arbeit, da durch die Gründung einer Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit Mittel der Arbeitsverwaltung nutzbar gemacht werden sollen. Für den Einzelfall mag dies sinnvoll und richtig sein, da alle Tarifkräfte bei der Deutschen Telekom auch in die Kasse der Arbeitslosenversicherung zahlen.

Jedoch kann Personalabbau im großen Stil, wie jetzt offensichtlich von den Telekom-Arbeitgebern geplant, nicht die richtige Strategie für ein Unternehmen sein, das zum Großteil in Bundesbesitz ist. 

Es ist nicht einsichtig, dass die Beschäftigten und die Allgemeinheit die Zeche zahlen sollen. 

Wir fordern Sie hiermit eindringlich auf, dieser arbeitsplatzvernichtenden Politik als Vertreter des Haupteigentümers Einhalt zu gebieten. 

Des Weiteren fordern wir, endlich mit der unsinnigen Regulierung zu Lasten der Netzbetreiber aufzuhören. Die anstehende Debatte zur Novellierung des TKG bietet hier die Möglichkeit. 

Bisher hat sich Ihre Bundesregierung nur einmal, im so genannten „Sommertheater“, in die Konzernbelange eingemischt. Dies war, glaubt man der öffentlichen Wahrnehmung, nur begrenzt gelungen. Jetzt besteht die Chance, dieses Bild durch Ihr Engagement für qualitativ hochwertige, ordentlich tarifierte Arbeitsplätze zu korrigieren. Für eine baldige Antwort bedanken wir uns im Voraus und stehen für Rückfragen jederzeit gern zur Verfügung. 

Mit freundlichen Grüßen Jochen Schuk Landesbezirksfachbereichsleiter 9 Südost

hierauf lies der Kanzler ca. 1 Monat später antworten:


09.12.2002  Rede von Jochen Schuk in Bonn